
Munich Re – Die Gründerjahre – auf dem Weg zur Weltspitze (1880 bis 1914)
Als Munich Re 1880 als Münchener Rück gegründet wird, herrscht am Markt bereits ein intensiver Wettbewerb. Allein 1871/72 waren in Deutschland, der Schweiz und Österreich-Ungarn 13 neue Rückversicherer entstanden. Die meisten überlebten nicht lange. Der Generalagent der Thuringia-Versicherung in München, Carl Thieme (ab 1914 von Thieme), ist dennoch vom Potenzial der Rückversicherung überzeugt.
Thieme sieht in der Branche auch persönlich neue Entwicklungschancen und gewinnt kapitalstarke Investoren für die Idee, eine von Erstversicherern unabhängige Rückversicherungsgesellschaft zu gründen. Dieses Konzept ist keineswegs neu und unumstritten. Thieme setzt es als Mitbegründer und Vorstand des jungen Unternehmens jedoch sehr konsequent und erfolgreich um. Unter seiner Leitung entwickelt sich Munich Re bereits im dritten Geschäftsjahr zum führenden deutschen Rückversicherer.
15. März 1880 – die Konzession ist erteilt
Am 15. März 1880 erteilt das Königlich Bayerische Staatsministerium des Innern die Konzession zur Gründung einer Rückversicherungsgesellschaft in München. Der offizielle Gründungsakt der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Aktiengesellschaft in München, findet am 3. April 1880 statt. Zu den Gründern gehören Cramer-Klett, Finck, von Schauss, Pemsel, Schmid-Polex und Thieme
April 1880 – der Start
Im April 1880 nimmt Carl Thieme mit zunächst vier Mitarbeitern den Geschäftsbetrieb auf. Wenige Wochen später kommt Carl Schreiner als Büroleiter hinzu. Neben Thieme ist er der einzige Angestellte, der bereits in der Versicherungsbranche gearbeitet hat. Das erste Büro von Munich Re besteht aus zwei Räumen in einem Gebäude an der Maffeistraße 1, dem sogenannten Münchner „Börsenbazar“.
1880 – erste Verträge
Zwischen Erst- und Rückversicherern besteht damals ein starkes Informationsgefälle – und somit die latente Gefahr, dass schlechte Risiken gezielt auf Rückversicherer übertragen werden. Zudem fokussieren sich die meisten Rückversicherer nur auf wenige Geschäftspartner mit hoher Bonität. Thieme setzt dagegen auf die ausgleichende Wirkung der Menge. Er will die Prämieneinnahmen durch Verträge mit möglichst vielen Zedenten rasch steigern, um das Risiko breit zu streuen. Dieses Kalkül geht auf, zumal Munich Re durch die Vertragsgestaltung einen einseitigen Risikotransfer zu ihren Lasten auszuschließen versucht. Darüber hinaus beteiligt sie ihre Erstversicherungspartner am Gewinn und motiviert diese so zu einer sorgfältigen Risikoprüfung. Der erste Vertrag entsteht mit der Thuringia, es folgen schon im ersten Geschäftsjahr 32 weitere Verträge mit einem Prämienvolumen von insgesamt 1 Mio. Mark.
1880/81 – von Anfang an international
Internationale Risikostreuung gehört von Beginn an zur Unternehmensstrategie. Erster ausländischer Kunde wird 1880 die Allgemeine Versicherungsgesellschaft Phönix in Wien. Über einen Vertrag mit der Transatlantischen Feuer-Versicherungs-Gesellschaft in Hamburg gelingt indirekt sogar der Einstieg in das USA-Geschäft. Hinzu kommen 1881 Verträge mit der Nadeschda in St. Petersburg, der London and Lancashire Insurance Company und der Assicurazioni Generali Triest.
Munich Re – Konzerngeschichte von 1880 bis heute – Die Gründerjahre – auf dem Weg zur Weltspitze. Veröffentlichung von Foto und Text mit freundlicher Genehmigung der Munich Re – Historisches Archiv – und des Autor (29. September 2020)