
Am 5. Februar 1890 trägt das Königliche Amtsgericht I zu Berlin ein neues Unternehmen in das Gesellschaftsregister ein. Der Name der Gesellschaft lautet:
„Allianz“ Versicherungs-Aktiengesellschaft.
Dies ist das offizielle Gründungsdatum der Allianz. Will man jedoch verstehen, wieso es zur Gründung der Allianz kam, muss man den Blick ein Stück weiter zurückwerfen.

Carl Thieme (1848 – 1924)
war Gründer und erster Chef der Allianz bis 1904. Thieme leitete zudem von 1880 bis 1922 die Münchener Rück

Wilhelm Finck (1848 – 1924)
Der Miteigentümer des Bankhauses Merck, Finck & Co., Wilhelm Finck stand von 1890 bis zu seinem Tod dem Aufsichtsrat der Allianz vor
Die Gründung der Allianz
Es war im Jahr 1880, als 2 junge Männer gemeinsam die Münchener Rückversicherungsgesellschaft gründeten. Der 35-jährige Carl Thieme (1844 – 1924) leitete bis dato die Münchener Generalagentur der Thuringia Versicherungs-Aktiengesellschaft aus Erfurt und hatte sich dabei als sehr erfolgreich erwiesen. Der 32-jährige Wilhelm Finck (1848 – 1924) war Teilhaber des Bankhauses Merck, Finck & Co., dessen Prokurist und „von Anfang an die Seele des Geschäftes“. Beide, Thieme und Finck, wurden später für ihre Verdienste von der bayerischen Krone in den Adelsstand erhoben.
Damals existierten zwar bereits 13 deutsche Rückversicherer, ihre gesamten Prämieneinnahmen beliefen sich allerdings auf nur 13 Millionen Mark im Vergleich zu 45,5 Millionen Mark Prämieneinnahmen der deutschen Erstversicherer. Bis auf die Kölnische Rückversicherungs-Gesellschaft, die eigenständig war, gehörten zudem alle zu deutschen Erstversicherungsgesellschaften, die mit Hilfe einer Rückversicherungstochter ihre weitere Geschäftsentwicklung absichern wollten.
Die Münchener Rück wurde nun nicht etwa von der Thuringia oder mit deren Kapital gegründet, sondern orientierte sich am Beispiel der Kölnischen Rück und blieb unabhängig. Als trotzdem das Gerücht auftauchte, die Münchener Rück sei eine Tochter der Thuringia, trat Carl Thieme dem in einem Brief an Wallmann’s Versicherungs-Zeitschrift entschieden entgegen:
„Dieselbe wird sich vielmehr in keinerlei gleichsam töchterlichen Beziehung zu einer direkten Gesellschaft setzen, sondern bereit sein, mit jeder soliden deutschen Anstalt in ein Rückversicherungs-Verhältnis zu treten“.
Tatsächlich stellten das Bankhaus Merck, Finck & Co, sowie weitere Geschäftspartner der beiden Gründer außerhalb der Versicherungswirtschaft das Kapital zur Verfügung. Carl Thieme wollte einen Rückversicherer erschaffen, der für keinen Erstversicherer eine Konkurrenz darstellte und auf diese Weise offen war für alle Versicherungsgesellschaften. Der Erfolg gab ihm Recht. Nur 20 Jahre später schrieb der Versicherungsjurist Albert Ehrenzweig im österreichischen Assecuranz-Jahrbuch ganz im Ductus der Zeit: „Die deutsche Rückversicherungs-Industrie ist eine Großmacht geworden.“ Dies führte er darauf zurück, dass die Rückversicherer sich nicht mehr den Diktaten der Assecuranzanstalten geduldig fügen, sondern Einfluss auf die Verbesserung von deren Geschäft nähmen. Ehrenzweig ließ keinen Zweifel daran, wer dafür verantwortlich war: Die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft hat diese Revolution bewirkt. Ob Thieme dies bereits bei der Gründung angestrebt hatte, ist nicht überliefert. Es war ihm auf jeden Fall gelungen, die Münchener Rück als eigenständigen gewichtigen Faktor auf dem Versicherungsmarkt zu etablieren.
Knapp zehn Jahre später planten Thieme und Finck, ihr Erfolgsmodell zu wiederholen. Einerseits benötigte die Münchener Rück einen Partner für die Feuerversicherung, die bei Weitem den größten Anteil am Prämienaufkommen ausmachte, andererseits hatten Thieme und seine Mitstreiter eine noch junge Branche ausgemacht, die guten Gewinn abwarf und von der sie sich auch in Zukunft gute Geschäfte erhoften: die Unfallversicherung.
Sie planten die Schaffung eines neuen Erstversicherers, der Allianz: Es sollte möglichst schnell gehen, um von dem Boom im Unfallgeschäft profitieren zu können. Wichtigstes Ziel musste es dabei sein, so rasch wie möglich in Preußen eine Konzession zu erhalten, denn Preußen stellte damals mit etwa 30 Millionen Einwohnern über 60% der Gesamtbevölkerung des Deutschen Reiches.
Als preußische Gesellschaft verlief die Gründung der Allianz weitgehend reibungslos. Am 17. September 1889 ließ man das Gründungsdokument notariell beglaubigen. Die Genehmigung zum Geschäftsbetrieb in Preußen erhielt man am 13. Januar 1890. Der Eintrag in das Berliner Handelsregister erfolgte schließlich am 5. Februar 1890, womit die Allianz ihre Rechtsfähigkeit erlangt hatte.
Der Eintrag im Handelsregister vom 5. Februar 1890 lautete:
„Die Gesellschaft hat den Zweck, Unfall-, Transport-, Feuer- und Lebensversicherungen zu gewähren.“
Der 5. Februar wurde von der Allianz zum offiziellen Gründungs- und Jubiläumsdatum gewählt.
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Stefan Pretzlik, 1890 – 1918: Gründerjahre und Erster Weltkrieg, in: Barbara Eggenkämper, Gerd Modert, Stefan Pretzlik, Die Allianz. Geschichte des Unternehmens 1890 – 2015, München: C.H. Beck 2015, S. 13 – 14